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Kurzgeschichten

Wettlauf
Als ich aus dem Haus trat, ging fern am Horizont blutend die Sonne unter. Erschreckt blieb ich stehen und lächelte still: Oh, du Torin! dachte ich, wie verschwendest du deine Energie! und ging unbeirrt weiter.
Wo ich hinwollte wußte ich nicht, und fieberhaft begann ich nachzudenken, denn: wo ein Ziel, da ist auch ein Weg! Die Emsigkeit meines Nachdenkens übertrug sich auf die Beine und bald lief ich so schnell, daß der Wind, der erst von vorn mit aller Wut auf mich eingestürmt war, nun von hinten blies und meine Geschwindigkeit verdoppelte, ja vielleicht sogar verdreifachte, und schreiend - den Kopf konnte ich nicht wenden, denn leicht gerät die Eile zu Fall – rief ich: Oh Wind! Fache deine Wut zu noch größerem Sturme, denn dein Nachlaufen ist mein Fortlaufen.
So also rief ich und während Wälder, Berge und Dörfer schemenhaft an mir vorbeihuschten, strengte ich mich immer mehr an, denn ein plötzliches Ziel stand mir vor Augen: Das Absolute wollte ich sein! Und ich sah, wie vor mir Mauern emporwuchsen: längst schon unterstützten mich Schall und Luft, allein das Licht eilte noch ein Stückchen weiter voraus. Warte! dachte ich zerknirscht und unterstützt von meinen unfreiwilligen Genossen, jagte ich weiter, den Abstand immer kürzer werden lassend. Schon griffen meine Hände gierig nach dem Hellen, schon krallten sich die Nägel blutend in das Licht, schon schob mein Körper sich triumphierend auf gleiche Höhe, da überfiel mich wie eisiges Erschrecken das Dunkel. Mein Fuß stockte, ich schwankte und als der Lichtstrahl mein Herz durchbohrte, explodierten farbige Schleier aus totem Gewebe in meinem Hirn und während Schall und Luft mich gänzlich niederschmetterten, spürte ich schmerzend das Bittere der Niederlage.

M. Trapp